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Aug 14, 2025

Was Sie über Testosteronmangel wissen müssen

Erfahren Sie alles über Testosteronmangel: Ursachen, typische Symptome, Diagnose und aktuelle Therapien. Verständlich erklärt, medizinisch fundiert und praxisnah.

Was Sie über Testosteronmangel wissen müssen

Inhaltsverzeichnis

  • Was Testosteron im Körper leistet
  • Häufige Anzeichen eines Testosteronmangels
  • Warum ein Mangel entsteht
  • Wann ärztliche Abklärung wichtig ist
  • Wie die Diagnose gestellt wird
  • Was Sie selbst tun können – bevor es Medikamente braucht
  • Testosteronersatz
  • Alternativen zur Testosterontherapie
  • Mythen und Irrtümer 
  • Ihre praktische Checkliste für den Arzttermin
  • Häufige Fragen
  • Fazit

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Sie stehen morgens vor dem Spiegel, fühlen sich müder als sonst, der Antrieb fehlt, das Training bringt plötzlich weniger. Dazu kommt eine Libido, die leiser geworden ist. Vieles kann solche Veränderungen erklären – Stress, Schlaf, Ernährung. Manchmal steckt aber auch ein Testosteronmangel dahinter. Dieser Beitrag führt Sie Schritt für Schritt durch das Thema: verständlich erklärt, respektvoll im Ton, mit konkreten Hinweisen, was Sie selbst tun können und wann ärztliche Abklärung sinnvoll ist.

Was Testosteron im Körper leistet

Testosteron ist ein Hormon, das überwiegend in den Hoden gebildet wird, in kleinerem Ausmaß auch in den Nebennieren. Es prägt nicht nur Sexualtrieb und Erektionsfähigkeit, sondern wirkt in nahezu allen Geweben: Es unterstützt Muskelaufbau, Knochendichte, Blutbildung, Stimmung und kognitive Funktionen. Ein Mangel kann sich deshalb vielfältig äußern – nicht nur „im Bett“.

Wenn in diesem Text von „freier“ und „gesamter“ Testosteronspiegel die Rede ist: Das meiste Testosteron ist im Blut an Eiweiße gebunden, vor allem an SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin). Nur der freie, nicht gebundene Anteil ist biologisch aktiv. Beides kann man messen; je nach SHBG-Wert kann der Gesamttestosteronspiegel normal wirken, obwohl der freie Anteil niedrig ist.

Häufige Anzeichen eines Testosteronmangels

Viele Betroffene berichten zunächst über diffuse Veränderungen. Typisch sind:

  • Nachlassende Libido und weniger spontane Erektionen
  • Erektionsstörungen, die häufiger auftreten
  • Müdigkeit, Energielosigkeit, geringere Belastbarkeit
  • Gedrückte Stimmung, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme
  • Abnahme von Muskelmasse und Kraft, Zunahme von Bauchfett
  • Nachlassende Ausdauer beim Training, längere Regeneration
  • Trockene Haut, manchmal mehr Pickel bei Schwankungen
  • Seltener: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, empfindliche Brustdrüsen

Keines dieser Zeichen beweist allein einen Mangel – die Kombination aus Beschwerden und wiederholt niedrigen Laborwerten macht die Diagnose.

Warum ein Mangel entsteht

Die Ursachen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen.

Primärer Hypogonadismus (Störung auf Hodenniveau)

Die Hoden können nicht genügend Testosteron produzieren. Gründe sind zum Beispiel Hodenentzündungen, Durchblutungsstörungen, Bestrahlung oder Chemotherapie, Verletzungen, selten genetische Varianten wie das Klinefelter-Syndrom.

Sekundärer Hypogonadismus (Störung in Hypophyse/Hypothalamus)

Das Steuersystem im Gehirn gibt zu wenig Signal. Mögliche Auslöser sind gutartige Hypophysentumoren, eine erhöhte Prolaktinproduktion, schwere Akuterkrankungen, Kopfverletzungen, Medikamente wie Opioide oder langzeitige Kortisontherapie.

Funktioneller, meist vorübergehender Mangel

Hier „dämpfen“ Lebensstil und Begleiterkrankungen das Hormonsystem – Übergewicht, Schlafmangel, obstruktive Schlafapnoe (Atemaussetzer in der Nacht), chronischer Stress, exzessiver Alkoholkonsum. Auch starkes Kaloriendefizit oder Übertraining (zu viel Sport ohne Regeneration) können Testosteron drücken.

Wann ärztliche Abklärung wichtig ist

Suchen Sie ärztlichen Rat, wenn mehrere der genannten Beschwerden über Wochen bestehen – besonders bei deutlicher Libidominderung, anhaltender Erschöpfung, unerfülltem Kinderwunsch, Brustveränderungen oder Kopfschmerzen mit Sehstörungen (kann auf eine Hypophysenstörung hinweisen). Eine strukturierte Abklärung verhindert Fehldiagnosen und unnötige Behandlungen.

Wie die Diagnose gestellt wird

Der erste Schritt ist eine Blutabnahme am Morgen, ideal zwischen sieben und elf Uhr, weil der Spiegel tageszeitlich schwankt. Gemessen wird das gesamte Testosteron; bei grenzwertigen oder unklaren Ergebnissen zusätzlich freies Testosteron oder ein berechneter freier Anteil unter Berücksichtigung von SHBG und Albumin.

Wichtig sind Wiederholungsmessungen an getrennten Tagen, damit zufällige Schwankungen nicht zur Fehleinschätzung führen. Ergibt sich ein konsistent niedriger Wert und sind Symptome vorhanden, folgt die Ursachenklärung:

  • LH und FSH (Steuerhormone der Hirnanhangsdrüse): helfen, primär oder sekundär zu unterscheiden
  • Prolaktin: erhöht bei bestimmten Hypophysenstörungen
  • TSH und freie Schilddrüsenhormone: Schilddrüse beeinflusst Energie, Stimmung, Libido
  • Blutbild und Eisenstatus: Ausschluss von Mangelzuständen
  • Leber-, Nierenwerte, Nüchternzucker, Lipide: Begleiterkrankungen erkennen
  • Bei Kinderwunsch: Spermiogramm (Qualität und Menge der Spermien)
  • Bei lang bestehendem Mangel: Knochendichtemessung (Osteoporoserisiko)

Grenzwerte unterscheiden sich je nach Labor. Als grobe Orientierung gilt: Liegen die morgendlichen Gesamtwerte wiederholt deutlich unter dem unteren Referenzbereich, und passen die Beschwerden dazu, ist eine Behandlung diskussionswürdig. Ein einzelner niedriger Messwert ohne Symptome genügt nicht.

Was Sie selbst tun können – bevor es Medikamente braucht

Gewicht regulieren

Überflüssiges Bauchfett senkt über Entzündungsbotenstoffe und eine erhöhte Aromataseaktivität (Umwandlung von Testosteron in Östrogen) den Testosteronspiegel. Bereits eine moderate Gewichtsreduktion verbessert die Hormonlage spürbar.

Schlaf priorisieren

Sieben bis acht Stunden mit guter Schlafqualität stabilisieren den Hormonhaushalt. Bei Schnarchen mit Atemaussetzern sollte eine Schlafapnoe abgeklärt werden – deren Behandlung hebt oft auch Testosteron.

Krafttraining mit Köpfchen

Mehrgelenkige Übungen, zwei- bis dreimal pro Woche, steigern Muskelmasse und Insulinsensitivität. Das stärkt Stoffwechsel und Wohlbefinden – indirekt auch die Androgenachse.

Alkohol und Nikotin begrenzen

Übermaß reduziert Testosteron und verschlechtert Schlaf sowie Regeneration.

Medikamente überprüfen

Opioide, hohe Kortisondosen und manche Psychopharmaka können die Achse dämpfen. Änderungen erfolgen niemals eigenmächtig, sondern nach ärztlicher Rücksprache.

Stress regulieren

Chronisch erhöhte Stresshormone drücken Libido und Antrieb. Kurze, regelmäßige Strategien wirken besser als seltene „Großmaßnahmen“: Atempausen, Spaziergänge, feste Erholungszeiten, mentale Hygiene.

Testosteronersatz

Eine Substitution kommt in Frage, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Sie haben typische Beschwerden und wiederholt niedrige Testosteronwerte, und die Ursachenbehandlung (zum Beispiel Gewichtsreduktion, Therapie einer Schlafapnoe, Medikamenten-Review) hat nicht ausreichend geholfen oder ist nicht möglich. Bei Männern mit aktivem Kinderwunsch ist klassische Testosterontherapie ungeeignet, weil sie die Spermienbildung unterdrückt. In solchen Fällen gibt es Alternativen (siehe unten).

Formen der Substitution

  • Gele und transdermale Lösungen: tägliche Anwendung auf der Haut, relativ stabile Spiegel, Vorsicht vor Haut-zu-Haut-Übertragung auf Partner oder Kinder
  • Injektionen mit kurzer oder längerer Wirkdauer: von wöchentlicher Gabe bis zu Intervallen von mehreren Wochen; komfortabel, aber mit möglichen Spitzenspiegeln und Abfällen je nach Präparat
  • Pflaster oder selten eingesetzte Implantate: kontinuierliche Abgabe über Haut oder Depot
  • Orale Optionen existieren; klassische 17‑alpha‑alkylierte Varianten sind lebertoxisch und werden nicht empfohlen. Moderne Formulierungen auf Basis von Testosteronundecanoat werden länderspezifisch unterschiedlich eingesetzt und erfordern Erfahrung

Ziele und Monitoring

  • Beschwerdelinderung, stabile Alltagsenergie, verbesserte Libido und Lebensqualität
  • Regelmäßige Kontrollen von Hämoglobin/Hämatokrit (zu hohe Werte erhöhen Thromboserisiken), Leberwerten gemäß Präparat, Lipidprofil, Blutzucker, Blutdruck
  • PSA und Prostataeinschätzung nach leitliniengerechtem Schema und individueller Risikobewertung
  • Überprüfung von Nebenwirkungen: Wassereinlagerungen, Akne, Reizbarkeit, Schlafapnoe-Verschlechterung, Brustspannen
  • Dosisanpassungen anhand von Blutspiegeln und klinischem Verlauf, idealerweise Messung im jeweiligen Tal- oder Spitzenfenster des gewählten Präparats

Kontraindikationen sind unter anderem Prostatakarzinom, Brustkrebs des Mannes, ausgeprägte Polyzythämie (sehr hoher Hämatokrit), unkontrollierte Herzinsuffizienz sowie schwerwiegende unbehandelte Schlafapnoe. Diese Punkte gehören in die ärztliche Abwägung.

Alternativen zur Testosterontherapie

Wer in absehbarer Zeit Vater werden möchte, braucht Konzepte, die die Hodenfunktion fördern statt sie zu dämpfen. In der Reproduktionsmedizin werden je nach Ursache unter ärztlicher Aufsicht unter anderem hCG (humanes Choriongonadotropin) oder selektive Estrogenrezeptormodulatoren wie Clomifen eingesetzt. Sie regen die körpereigene Achse an und können Testosteron und Spermienproduktion verbessern. Das ist spezialisiertes Terrain – die Auswahl der Therapie gehört in erfahrene Hände.

Mythen und Irrtümer 

„Ein Booster aus dem Internet bringt meinen Spiegel nach oben.“

Die meisten frei verkäuflichen „Testobooster“ liefern keine belastbare Wirkung. Sie enthalten Pflanzenextrakte oder Zink in Dosierungen, die bei normalem Status wenig verändern. Sinnvoll sind nur Präparate bei nachgewiesenem Mangel, etwa Vitamin D oder Zink – und auch dann in vernünftigen Dosen.

„Soja senkt Testosteron spürbar.“

Normale Sojamengen im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung zeigen in Studien keine klinisch relevante Absenkung des Testosterons beim Mann.

„Testosteron macht zwangsläufig aggressiv.“

Eine sachgerecht dosierte Substitution zielt auf physiologische Bereiche. Stimmung und Antrieb stabilisieren sich oft – „Aggressivität“ gehört nicht zum Zielbild und ist bei Auftreten ein Zeichen für Überdosierung oder individuelle Unverträglichkeit, das abgeklärt werden muss.

„Nur ältere Männer sind betroffen.“

Ein Mangel kann in jedem Lebensalter auftreten, wenn Ursachen wie Hypophysenstörungen, Hodenverletzungen oder ausgeprägter Lebensstilstress vorliegen.

Ihre praktische Checkliste für den Arzttermin

  • Symptomtagebuch: seit wann, wie oft, wie stark, in welchen Situationen
  • Medikamentenliste inklusive frei verkäuflicher Mittel und Supplements
  • Familienanamnese: Hormonstörungen, Unfruchtbarkeit, Tumorerkrankungen
  • Lebensstilfaktoren: Schlaf, Schnarchen, Gewicht, Alkohol, Sport
  • Kinderwunsch: zeitnah geplant oder nicht
  • Frühere Laborwerte, falls vorhanden

Bringen Sie konkrete Fragen mit: Was ist mein Zielbereich? Welche Form der Therapie passt zu meinem Alltag? Wie oft kontrollieren wir? Woran merke ich, dass wir anpassen müssen?

Häufige Fragen

Hilft Testosteron automatisch bei Erektionsstörungen?

Nicht in jedem Fall. Erektionsfähigkeit hängt auch von Gefäßen, Nerven und Psyche ab. Bei nachgewiesenem Mangel kann eine Substitution Libido und morgendliche Erektionen deutlich verbessern; zusätzlich sind Herz-Kreislauf-Faktoren, Medikamente und Stress zu prüfen.

Wie schnell spüre ich Effekte einer Substitution?

Libido und Energie bessern sich oft innerhalb von Wochen, Veränderungen von Muskelmasse und Knochendichte brauchen Monate. Entscheidend ist eine realistische Erwartung und das Monitoring.

Kann ich „zur Probe“ Testosteron bekommen, um zu sehen, ob es hilft?

Eine Therapie ohne Diagnose ist keine gute Idee. Erst Symptome und wiederholt niedrige Werte rechtfertigen den Schritt. „Ausprobieren“ kann Risiken erzeugen und die eigene Achse unnötig dämpfen.

Was ist mit Prostata und Herz?

Die Datenlage ist differenziert. Unter sorgfältiger Auswahl, sachgerechter Dosierung und regelmäßiger Kontrolle lässt sich eine Substitution in vielen Fällen sicher durchführen. Individuelle Risiken werden ärztlich abgewogen; PSA und Prostataeinschätzung gehören zum Programm.

Geht der eigene Testosteronspiegel nach einer Pause wieder auf den alten Wert zurück?

Das ist unterschiedlich. Bei manchen normalisiert sich die Achse nach dem Absetzen, bei anderen nicht. Darum sind Indikationsstellung und Verlaufskontrolle so wichtig.

Kann Gewichtstraining allein meinen Spiegel ausreichend anheben?

Krafttraining, Gewichtsregulation und guter Schlaf verbessern oft Symptome und Laborwerte – bei funktionellen Ursachen manchmal ausreichend. Besteht ein klarer organischer Mangel, ersetzen Lebensstilmaßnahmen eine medizinische Therapie meist nicht vollständig, sind aber immer Teil des Gesamtkonzepts.

Fazit

Testosteronmangel ist kein Randthema und schon gar kein Makel. Es handelt sich um eine medizinische Fragestellung mit vielen Stellschrauben – von Schlaf und Gewicht bis hin zu endokrinologischen Details. Wichtig ist, Beschwerden ernst zu nehmen, die Diagnose sauber zu stellen und dann klug zu handeln: Ursachen angehen, Lebensstil stärken, Therapie nur dort, wo sie passt – und diese anschließend gut begleiten. So gewinnen Sie Energie, Lebensfreude und Stabilität zurück, Schritt für Schritt und mit Plan.

Wenn Sie jetzt etwas ändern möchten, beginnen Sie mit dem, was Sie direkt steuern können: Schlaf heute früher, bereiten Sie zwei eiweißreiche Mahlzeiten für morgen vor, planen Sie Ihr nächstes Training. Und vereinbaren Sie einen Termin zur Abklärung – damit Zahlen und Gefühl zusammenkommen und Sie auf sicherem Boden entscheiden.

Anna Wagner

Gesundheitsberater

Anna Wagner ist Gesundheitsberaterin und hilft Menschen, die richtige Behandlung zu finden. Sie bietet verlässliche Informationen für eine bewusste Gesundheitsentscheidung.